Mittwoch, 15. Januar 2014

iCH 2.0 - Baby im 30-Tage-Praxistest

Nach all den politischen Diskussionen um Betreuungsgeld ("Herdprämie"), Kindergartenplätze und demographischen Wandel, wollte ich nicht nur theoretisch mitreden können. Was macht der kritische Konsum-Tester in diesen Fällen? Klar - er macht einen eigenen Produkt- und Praxistest. 

Features
Schon nach 30 Tagen der 1. Testsieg!
Danke, lieber ADAC!

Auf dem Datenblatt macht das Produkt einen guten Eindruck. 
Von Werk aus wird nur ein recht begrenzter Feature-Umfang installiert. Vorinstalliert sind nur Apps für Animation, passive Unterhaltung und umfangreiche Wartungsmodi. Neue Apps und Features können aber wohl über optische, akustische und haptische Interfaces aus der Cloud erweitert werden.

Ebenso sollen mitgelieferte Hardwarekomponenten über die Zeit hinweg upgradefähig sein. Besonders spannend fand ich die angepriesene Eigenschaft, dass dank modernster Neurotechnologie riesige Speichermengen zur Verfügung stehen, mit denen man quasi ein 50%-Backup von sich selber erstellen kann. So ein Killerfeature bieten weder mein NAS, die DS214 von Synology, noch Cloud-Plattformen wie Amazon S3 oder Q-Loud.

Es sind 2 Basismodelle erhältlich. Eins in blau mit Stecker und eins in rosa mit Buchse. Wie bei einigen TV-Herstellern, die in ihre Geräte mit gleicher Typenbezeichnung unterschiedliche LCD-Panels einbauen, kann man hier als Kunde nicht im Vorfeld frei wählen. Bei Neuanschaffung ist zu nehmen, was gerade verfügbar ist.

Ist aber nicht schlimm, da beide Ausführungen qualitativ absolut gleichwertig sind. Wie bei anderen Smart Devices ist man jedoch nicht auf die Herstellerfarben angewiesen, sondern kann das Design im after-sales-Markt nach individuellen Vorlieben anpassen.

Nach über einem Dutzend Betriebsjahren sollen Stecker und Buchse größere Bedeutung erhalten. Früher war es üblich, hier streng die Kompatibilitätsspezifikationen des Herstellers einzuhalten. Nur Buchse und Stecker durften verbunden werden - und das nur in den engen Grenzen des offiziell freigegebenen Protokolls. Mittlerweile wird das aber zum Glück nicht mehr so streng gesehen. Die meisten Serviceprovider akzeptieren auch individuelle Anpassungen durch Rooten/Jailbreaken, ohne dass hierdurch ein Garantieverlust eintritt.

Testbedingungen und Transparenzhinweis

iCH 2.0 - Katze im Sack oder must-have?
Dieser Test wurde durch das Sponsoring vieler der Redaktion bekannter Privatpersonen unterstützt. Einige haben selber schon kompatible Modelle im Einsatz und konnten umfangreiches Zubehör weitergeben. Leider veraltet dieses recht schnell aufgrund von Modellupdates. Aufgrund der kurzen Nutzungsdauer ist der Zustand meist noch exzellent und damit die Wiederverwendbarkeit bei Verkauf oder nonmonetärer Kreislaufwirtschaft absolut kein Problem.

Dazu gibt es noch viele liebe Menschen, die diesen Test durch das Beistellen von Neuware, Praxis-Consulting und Coaching unterstützt haben. Vielen Dank die damit ausgedrückte wissenschaftliche Neugier, konsumfreundlichen Altruismus und liebevolle Zuwendung. Aus Datenschutzgründen wird auf explizite Nennung verzichetet.

Die Promotion-Links zu Amazon spülen zweistellige Cent-Summen auf das Studienkonto von iCH 2.0 .

Datenschutz und Vertragsbedingungen

Zunächst hatte ich ja etwas Bedenken. Üblicherweise reichen den Lieferanten ein paar Informationen zur Wohnadresse und Zahlungmodalitäten aus, um nach entsprechender Bonitätsprüfung einen Vertrag zu schließen. Der für diesen Test ausgewählte Lieferant ist aber neugieriger als NSA und Stasi zusammen. Nachdem genug Informationen gesammelt waren, war meine Bonität offenbar so kritisch bewertet worden, dass ich erstmal ein dauerhaftes Kundenkonto einrichten und dazu einen unterhaltspflichtsbegründenden Servicevertrag abschließen musste. Mit Abruf des Testpakets im Jahr 2013 sogar noch eine DNA-Probe verlangt. Dagegen ist der Fingerabdruck-Scanner im iPhone 5S ja geradezu vertrauenserweckend.

Zu bemerken ist ebenfalls, dass die Leistungsbeschreibung nur recht vage ist. Features, Folgekosten und Lieferzeiten bleiben im Unklaren. Angeblich seien aufgrund der offenen Plattform einfach zu viele dynamische Parameter zu berücksichtigen. 

Ich habe jedoch letztlich meine Bedenken beiseite geschoben, da viele andere Rezensenten von iCH 2.0 recht positive Berichte abgeliefert hatten und sich die Quote der Ein-Sterne-Bewertungen sowie Warenrücksendungen im niedrigen, einstelligen Prozentbereich bewegte. 

Verbrauchsmaterial für ca. 1,5 Wochen

Lieferung und Packungsinhalt

Trotz extemer Packungsdichte und Miniaturisierung sind alle Komponenten und Schnittstellen der Vorgänger-Generation vorhanden. Gegenüber dem Basismodell von vor 38 Jahren ist die Länge 3,5 mal kürzer und das Gewicht sogar ist um den Faktor 30 verringert worden. Das fand ich recht beeindruckend.

Ich konnte somit auch die Logistik-Angestellte nicht verstehen, die bei der Anlieferung so tat, als sei der Transport schwierig gewesen. Selber schuld, wenn man so schlechte Prozesse hat, dass Lieferzeiten auf 9 Monate ansteigen. Über Amazon und seine neuen Paketdrohnen ginge das sicher besser. Dem bedauerlichen Trend bei iPhone, Kindle und Co folgend wird kaum Zubehör mitgeliefert. Endsprechend viel man muss sich im entsprechend hochpreisigen Fachhandel besorgen - oder hat eben nette Sponsoren im Umfeld.


Installation und Inbetriebnahme

Man hatte wohl im Werk vergessen, das Kabel für das Aufspielen der initialen Firmware zu entfernen. Das konnte ich jedoch selber relativ leicht deinstallieren. Wegen Sparmaßnahmen kam jedoch statt einem USB-Kabel ein nur einmal verwendbarer USB-Nabel zum Einsatz. Vermutlich entschied man sich dafür, um deutlich zu machen, dass mit Trennen dieser Verbindung auch jegliches Rückgabe- und Widerrufsrecht erloschen ist.

Obgleich die Lieferung lange dauerte und wenig Zubehör mitgeliefert wurde, schienen vor allem meine Eltern die Lieferung gar nicht erwarten zu können. Allerdings verwiesen sie auch auf bestimmte Abweichung der Realität gegneüber den Werbeprospekten. Was wussten sie, was ich nicht wusste?

30-Tage Praxischeck

Ich hatte das Produkt nun einen Monat im Praxisbetrieb. Jetzt weiß ich, warum meine Eltern so wissend lächelten.

Schwächen

  • Die Servicelevel-Agreements in Bezug auf Wartungs- und Schlafzeitfenster werden absolut nicht eingehalten. Man fühlt sich an Studentenzeiten erinnert, wo die Nacht zum Tage gemacht wurde. Leider kann man als Berufstätiger nicht mehr wie früher in Uni-Café oder Vorlesung fehlenden Schlaf nachholen. Hier ist nur noch Kompensation durch erhöhte George-Clooney-Koffeinzufuhr möglich.
  • Die vielen versprochenen Apps wie Mobilitätspaket, Sprachmodule, AutoCleaning-Funktionen, Selfies für die quengelnden Großeltern oder gar Hilfe im Haushalt lassen sich nur mit Betriebssystem-Versionen installieren, die erst in einigen Jahren auf der Roadmap stehen.
  • Die Lautstärke der Alarmfunktion lässt sich nicht einstellen. Der Laktat-Ionen-Akku ist so schwach, dass er alle 1-3 Stunden nachgeladen werden muss.
  • Es scheint ein Tintenstrahlfax eingebaut zu sein. Die Auflösung ist aber viel zu grob, um vernünftige Muster zu erkennen. Leider lässt sich der Druckjob nirgendwo konfigurieren, so dass alle paar Stunden das versaute Druckmaterial entsorgt werden muss. Hier ist das Cloud-Fax von Cospace deutlich praktischer und umweltschonender.

Stärken


Probelauf für Karneval 2014
Design: Wie bei Apple haben Top-Designer ihr Können gezeigt. Nach zahlreichen Versuchen an süßen, kuscheligen Tierbabies scheint mein herausgefunden zu haben, dass sich durch kleine Händchen, Füßchen, Pausbacken und Kulleraugen der Woman-Acceptance-Factor so sehr steigern lässt, dass er sich sogar auf einen knallharten Biker wie mich erstreckt.

Klang: Die eingebauten Soundmodule erzeugen nicht nur schrillen Alarmsound, sondern brillieren auch bei sanften Tönen wie Seufzen, Glucksen und Quietschen.

Support: Erste Optimierungen bei der Milchaufnahme und beim User Interface zeigen, dass die gröbsten Bugs schneller als gedacht beseitigt werden können. Tolle Produktpflege, die man sich auch von anderen Apps im AppStore/PlayStore wünschte.

Erweiterbarkeit: Wenn man bedenkt, dass auch das erste iPhone im Jahr 2007 keine Apps laden, keine Messages und Bilder per WhatsApp oder MMS verschicken oder echtes Multitasking konnte und trotzdem seine Fans fand, kann man das noch entfaltbare Potential in iCH 2.0 erahnen. Im Auslieferungszustand ist selbst die Interaktion eines Furbys größer als die von iCH 2.0 . Aber schon in wenigen Wochen und Monaten erweitern die Apps den Funktionsumfang deutlich. Im Gegensatz zum Smartphone werden die Updates auch nicht nur für 3-4 Jahre garantiert, sondern für eine deutlich längere Zeit. 

Zwischenfazit

Die negativen Abweichungen von der Werbeaussagen scheinen auf den ersten Blick zu überwiegen. Das Bauchgefühl weicht aber von den objektiv feststellbaren Kriterien ab. Es gibt einen emotionalen Anziehungsfaktor, der in keinem Labortest messbar wäre. 

Ich werde das Produkt auf keinen Fall wieder hergeben und plane auf jeden Fall einen Langzeittest. 

Eine eindeutige Kaufempfehlung oder -warnung kann und will ich jedoch nicht abgeben. Niemand braucht z.B. wirklich ein Tablet, aber welcher iPad-Besitzer würde seins ersatzlos wieder hergeben? Eine gute Entscheidungshilfe pro oder contra liefert der praxisnahe Selbsttest von Colin Falconer.

Produkt- und Literaturtipps

Auch bei meinem Kaufbericht zur Lumix FZ150 Superzoom-Kamera habe ich über sinnvolles Zubehör berichtet. Da dieser Servicepost sehr laut Blog-Abrufstatistik sehr beliebt ist, will ich entsprechendes auch für iCH 2.0 hier zusammenstellen.



  • Babytragen wie Manduca oder Ergobaby Carrier oder Tragetücher. Befreien die Hände wie ein Headset und ermöglichen Multitasking - auch während der Ladephasen.
  • FABELhaft durchs erste Babyjahr von Susanne Mierau. Gute Hinweise für den Start, das Setup der diversen Komponenten und best practise Beispiele für die Post-Rollout-Phase. Ebenfalls ist ihr Blog geborgen wachsen sehr lesens- und abonnierenswert.
  • SwaddleMe-Pucksäcke - Dieses Zubehört entspricht in etwa einer Handyhülle mit Zusatzakku. Es dient nicht nur zur Abwehr von äußerer Beschädigung durch UV-Licht und Kälte, sondern kann den Regenrationsmodus extrem optimieren. In dem gerade erwähnten Buch "Das glücklichste Baby der Welt" wird die Theorie erläutert, warum sich das Kind darin wie im engen Mutterbauch fühlt, sich nicht durch Bewegungsreflexe selber weckt und warum es sich nicht eingeengt fühlt. Aber nicht nur die graue Theorie entscheidet. Wer einmal erlebt hat ,wie mitten in der Alarmfunktion das User Interface für normale Eingaben völlig unzugänglich ist, wird die fast umgehende Beruhigungswirkung des Puckens + weiterer Maßnahmen (Die 5S - wie in iPhone 5S) für Magie oder einen irren Hack halten.
  • Das Baby: Inbetriebnahme, Wartung und Instandhaltung - Gerade für Menschen mit IT-Hintergrund werden hier Basisthemen in leicht verständlicher Sprache dargestellt. Frühe Beschäftigung noch während der Lieferphase hilft, hier z.B. aufwändige Konfigruationsanpassungen an der Infrastruktur der zukünftigen Arbeitsumgebung zu planen, sizen und zu deployen.

Hast Du noch eigene Tipps und Tricks, die Dir bei Wartung und Pflege Deines Modells geholfen haben, die Du erst dann gefunden hast, nachdem Ihr mangels vorheriger Schulung erstmal einige Stunden oder Tage der Fehlbedienung über Euch ergehen lassen musstet? Dann ab damit in die Kommentare!

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