Eines Tages prüft dich ein Scanner – und entscheidet, ob du reisen darfst.
Eine Freundin von mir wollte in den Iran reisen. Vor dem aktuellen Krieg. Beim Einreiseversuch sollte sie ihre Social-Media-Konten vorzeigen (so wie es jetzt auch die USA eingeführt haben).
Der Beamte zeigte auf einen alten WhatsApp-Status von vor zehn Jahren – eine harmlose politische Anspielung. „Warum haben Sie das geschrieben?“
Die Einreise wurde verzögert. Es war das erste Mal, dass ihr ein digitales Fragment aus der Vergangenheit zum Verhängnis wurde.
Da sitzt du in einem Flughafenbüro – und dein zehn Jahre alter Chat entscheidet über deine Freiheit.
WhatsApp, Werbung und Wir – Warum du nicht hilflos bist
WhatsApp ist der stille Infrastrukturminister unseres Alltags:
Über 2,5 Milliarden Menschen nutzen WhatsApp. Täglich fließen über
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100 Milliarden Nachrichten,
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2 Milliarden Video- und Audioanrufe,
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und geschätzt 2 Millionen Terabyte an Daten durch das System.
Und bald: Werbung.
Meta will Rendite
2014 kaufte Meta WhatsApp für 19 Milliarden Dollar – mit dem Versprechen: keine Werbung, keine Datenweitergabe.
Aber:
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Seit 2016 fließen Metadaten (Telefonnummern, Geräte-IDs, Kontakte, IP-Adressen, Nutzungsverhalten) an Meta.
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Werbung soll jetzt eingeführt werden – im „Updates“-Tab für 1,5 Mrd. Menschen täglich.
„Wenn Werbung im Spiel ist, bist nicht du der Kunde – du bist das Produkt.“
– WhatsApp-Gründer, 2012
Was glaubt Ihr, warum die VR-Brille Meta Quest 3 so günstig ist für das, was sie leistet? Weil der Facebook-Konzern die Menschen so liebt? Oder die Daten, die sie Menschen dafür preisgeben?
Und ja - ich besitze auch so eine.
Ich habe Werbung gemacht. Und trotzdem Zweifel.
Ich war Social Media Manager. Ich weiß, wie wichtig Sichtbarkeit für Produkte ist. Ich habe Werbung mitgestaltet – aus Überzeugung.
Ich weiß, wie schwierig es ist, gute Ideen sichtbar zu machen, besonders für kleine Marken oder gesellschaftlich sinnvolle Projekte.
Werbung ist wichtig.
Aber sie braucht Transparenz, Fairness – und Grenzen.
„
Wir haben zwei Ohren und einen Mund, damit wir doppelt so viel zuhören wie sprechen können
“
– Epiktet
Kommunikation sollte auf Vertrauen beruhen, nicht auf Überwachung.
Threema bringt es auf den Punkt
Der Schweizer Messenger Threema formuliert es klar:
„Datenschutz und Online-Werbung sind grundsätzlich unvereinbar.“
– Threema-Blog, Juni 2025
Tracking, Profilbildung und personalisierte Anzeigen brauchen Daten – viele Daten. Und das steht dem Versprechen echter Privatsphäre diametral entgegen.
Wie ich heute mit Messenger-Diensten umgehe
Threema – für Persönliches
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Server in der Schweiz
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Keine Tracker, keine Werbung
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DSG & DSGVO-konform
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Ich nutze es für Familienfotos, Privates, vertrauliche Gespräche
Signal – für den Alltag mit Anspruch
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Open Source
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Spendenbasiert
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Keine Werbung
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Ich zahle 5 €/Monat freiwillig – weil Fairness Geld kostet
Und WhatsApp? Bleibt – aber nicht unkritisch
Ich nutze es – weil ich muss. Zu viele Gruppen, zu viele Menschen hängen daran. Aber ich habe gelernt, nicht mehr alles darüber zu tun.
„Sapere aude!“ – Wage es, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen.
– Immanuel Kant
Mein persönliches Fazit: Ambivalenz als Haltung
Ich bin nicht gegen Werbung. Ich habe sie gemacht. Ich verstehe sie.
Aber ich bin für Risikovorsorge. In einer Welt, in der:
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KI-Systeme unsere Daten interpretieren können
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Einreisebehörden Chatverläufe auswerten
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Demokratie an ihren Rändern unter Druck gerät
…ist es Zeit, unsere Kommunikation zu überdenken.
Was heute praktisch erscheint, kann morgen problematisch sein.
📣 Was kannst du tun – und wem hilfst du damit?
Wenn du diesen Artikel wichtig findest, dann:
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Teile ihn mit jemandem, der WhatsApp täglich nutzt
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Nimm dir 5 Minuten Zeit, um deine Messenger-Einstellungen zu prüfen
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Und antworte auf eine einfache Frage:
Welchen Messenger nutzt du – und warum gerade den?
Ich bin gespannt. Schreib’s mir – hier, per Mail oder im Messenger deiner Wahl.
✍️ Über den Autor
Der Autor Attila Radnai war über viele Jahre als Social Media Manager und Kommunikationsexperte tätig. Heute berät er in einem Kölner Unternehmen zu digitaler Strategie, Medienethik und Technologieeinsatz.
Er ist konkret für Cybersecurity, IT Einkauf - Geräte und Lizenzen, IT Asset Management - Hardware und Software, Prozesse, Qualität, Projektmanagment sowie das IT Portfoliomanagement zuständig.
Sein Herz schlägt für nachhaltige Kommunikation – und die Frage, wie wir in einer digitalen Welt frei bleiben können.
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