Montag, 21. April 2025

Mihály Gara – Ein Leben für andere

Eine persönliche Würdigung zu Lebzeiten - mit Bildern, Stationen & Erinnerungen


Kurz-Zusammenfassung

Mihály (Michael) Gara, geboren 1945 in Budapest, kam 1974 als Spätaussiedler nach Deutschland. In Essen engagierte er sich über Jahrzehnte ehrenamtlich bei den Maltesern und als Vorsitzender der Bürgerschaft Margarethenhöhe. Für sein Wirken wurde er mit der Verdienstmedaille der Bundesrepublik, der Ehrenplakette der Stadt Essen und weiteren Auszeichnungen geehrt. Dieses Dossier würdigt seinen Einsatz, seine Geschichte  und das, was bleibt: ein Vorbild für Generationen.

Herkunft und Ankunft in Deutschland

Mihály Gara wurde kurz nach dem Zweiten Weltkrieg in Budapest geboren - als Sohn von István Dr. Gara und Arzénka Berkes. Die politische Lage in Ungarn nach dem Volksaufstand von 1956 war für viele untragbar geworden. Doch erst 1975 fiel die endgültige Entscheidung zur Flucht: Gemeinsam mit seiner Ehefrau Therese verließ er seine Heimat und kam bei Thereses Oma in Deutschland an.

Das Ehepaar wurde der Stadt Essen zugewiesen, wo sie zunächst in der Hohendahlstraße 29 lebten. Am 15. Januar 1976 stellte Therese Gara einen Antrag auf einen Vertriebenenausweis - Mihály folgte als Ehemann einer volksdeutschen Frau. Am 18. August 1976 erhielt Mihály Gara schließlich die deutsche Staatsangehörigkeit. Ihr Zuhause fanden Sie jedoch im Stillen Weg in der Gartensiedlung Esse-Margarethenhöhe.

Mit seinem Großneffen Attila Radnai

Ehrenamt bei den Maltesern

In Essen schloss sich Mihály Gara bald dem Malteser Hilfsdienst an. Was mit Erste-Hilfe-Einsätzen begann, wurde zur Lebensaufgabe: Hilfe für andere. Er betreute Senioren, unterstützte bei Krankentransporten, organisierte Hilfsdienste und half, wo Not war. Mehr als 40 Jahre war er Malteser mit Leib und Seele - und wurde dafür mit dem Malteser-Ehrenzeichen in Gold ausgezeichnet. Einsätze zum Transport von Hilfsmitteln wie nach den tragischen Erdbeben in der Türkei bereitete er in Rekordzeiten und führte sie dann auch persönlich durch (leider ist das nächste auch nur eine Frage der Zeit und Plattentektonik). Es galt so schnell wie möglich dringend benötigte Güter für über 1.000.000 Betroffene zu organisieren (z.B. 1999 nach dem Beben in Gölcük/Izmit).

Bürgerschaft Margarethenhöhe

Sein zweites Ehrenamt fand er auf der Margarethenhöhe: Dort engagierte er sich im Bürgerverein, war ab den 1990er-Jahren im Vorstand aktiv - und wurde schließlich zum 1. Vorsitzenden gewählt. Unter seiner Leitung wuchs die Bürgerschaft zu einem kulturellen Herzstück des Stadtteils. Er war Initiator des Martinszugs, des Weihnachtsmarkts, des Heimatarchivs am Brückenkopf - und des Kruppschen Eisenbaums.

Bürgerbus Essen 

Ein besonderes Herzensanliegen war ihm die Einrichtung des Bürgerbusses Essen. Er selber wurde sehr schnell von Heinz Zilles von der Notwendgkeit überzeugt und übernahm auch aktiv viele Touren. Ich erinnere mich an viele Telefonate, in denen ein: “Bevor ich zusagen, muss ich erstmal schauen, ob ich da nicht Bus fahre” vorkam. Was ist der Bus?

Der Bürgerbus Essen-Haarzopf/Margarethenhöhe/Rüttenscheid (HMR) ist ein ehrenamtlich organisierter Linienbus im Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV), der die Stadtteile Haarzopf, Margarethenhöhe und Rüttenscheid miteinander verbindet. Er wurde als Reaktion auf die Einstellung der Buslinie D 97 ins Leben gerufen, die während der Sanierung der Wienenbuschbrücke zum Alfried-Krupp-Krankenhaus fuhr und bei den Bürgern sehr beliebt war. Nach der Fertigstellung der Brücke wurde die Linie aus wirtschaftlichen Gründen eingestellt, was zu Protesten in der Bevölkerung führte. ​

Im Herbst 2003 wurde daraufhin der Bürgerbus-Verein Essen-Haarzopf/Margarethenhöhe/Rüttenscheid e.V. gegründet, um eine alternative Verbindung zu schaffen. Der Fahrbetrieb begann am 15. August 2005. ​

Der Bürgerbus verkehrt täglich im Stundentakt auf einer festen Route von Haarzopf über die Margarethenhöhe zum Alfried-Krupp-Krankenhaus. 

Genau dahin, wo auch Mihaly mittlerweile 3x pro Woche zur Dialyse muss und wo er jeweils nach seinen 2 Schlaganfällen behandelt wurde. Krupp und Essen sind untrennbar zusammengeschweißt.

Jetzt, wo Mihaly selber auf Mobilitätsangebote anderer angewiesen ist, weiß er das Engagement der Essener noch mehr zu schätzen und ist umso mehr mit Stolz auf sie erfüllt. Und wir fühlen das gleiche in Bezug auf ihn.




Luftbild von Esse-Margarethenhöhe

Familie, Humor und Generationen

Mihály war nicht nur ein Ehrenamtler, sondern auch ein Familienmensch. Besonders eng war sein Verhältnis zu seinem Bruder. Auch mit seiner Ehefrau Therese - die aus Budapest stammte - verband ihn eine tiefe Liebe.

Nach ihrem Tod blieb er verwitwet - aber nicht allein. Heute lebt Mihály Gara im Seniorenzentrum "Haus Kettwig" in Essen-Kettwig. Das tolle Team aus Pfleger:innen, Therapeuten, Köch:innen und allen anderen kümmert sich da toll um die verdienten Menschen in ihrem Lebensherbst.

Besonders gerne verbringt er Zeit mit (Falk) Michael (ung. Mihaly) Radnai, dem Sohn seines Großneffen - beide teilen nicht nur einen Namen, sondern auch das verschmitzte Lächeln.

Er ist mittlerweile geschieden/verwitet und lebt alleine. Das Ehepaar blieb biologisch kinderlos, aber Michael ist dafür ein toller Sohn, Bruder, Onkel, Großonkel…. 

15 flotte Sätze über Mihály Gara

- Mihály Gara, 1945 in Ungarn geboren, kam mit Mut und Hoffnung nach Deutschland.

- Er hilft lieber, als nur zuzusehen.

- Bei den Maltesern fand er seine Berufung.

- Auf der Margarethenhöhe wurde er zum Kümmerer.

- Er war ein Macher mit Herz.

- Der Kruppsche Eisenbaum? Seine Idee.

- Wo Menschen zusammenkamen, war er mittendrin.

- Nie Pflicht, immer Überzeugung.

- Er sammelte Orden - und noch mehr Dankbarkeit.

- Er sagte: 'Ich mach das nicht für Medaillen.'

- Ein stiller Held mit großem Herzen.

- Auch mit fast 80 noch aktiv - im Rollstuhl, aber aufrecht.

- Ein Leben im Dienst für andere.

Tabellarischer Lebenslauf

27.09.1945: Geburt in Budapest, Ungarn

30.12.1975: Ankunft in Deutschland (GDL Friedland)

18.08.1976: Deutscher Staatsbürger, Essen

ab 1970er: Ehrenamt bei den Maltesern

ab 1990er: Engagement Bürgerschaft Margarethenhöhe

ca. 20012017: Vorsitzender der Bürgerschaft

2007: Idee zum Kruppschen Eisenbaum

2013: Spende an Kindernotaufnahme 'Spatzennest'

2019: Verdienstmedaille der Bundesrepublik Deutschland

2020: Ehrenplakette der Stadt Essen

heute: im Pflegeheim Essen-Kettwig, umgeben von Freunden und Familie

Fotogalerie

Mit seinem Bruder Laszló vereint im Lachen.


Mit Michael Radnai  der Schalk ist geblieben.

Im Pflegeheim  mit Würde und Wärme.

Auszeichnungen und Ehrungen

Mihaly Gara wurde für sein langjähriges ehrenamtliches Engagement mehrfach ausgezeichnet. Die bedeutendste Ehrung war die Verleihung der Verdienstmedaille des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland  umgangssprachlich bekannt als Bundesverdienstkreuz. Diese Auszeichnung wurde ihm vom Bundespräsidenten überreicht und würdigt seine Verdienste als Brückenbauer zwischen Kulturen, als Helfer für Bedürftige und als unermüdlicher Förderer des gesellschaftlichen Zusammenhalts in Essen.

Neben dem Bundesverdienstkreuz erhielt er:
- die Ehrenplakette der Stadt Essen
- das Malteser-Ehrenzeichen in Gold
- mehrere Ehrenurkunden und Danksagungen der Bürgerschaft Margarethenhöhe

Er selbst sagte bescheiden: 'Ich habe das nicht für die Medaillen gemacht  sondern weil es mir Freude macht, für andere da zu sein.'

Nicht immer ein einfacher Charakter - aber immer ein Mann mit Charisma und Charakter!

Quellen & Danksagung

Dieses Dossier wurde zusammengestellt mit Bild- und Informationsmaterial aus dem persönlichen Umfeld von Mihály Gara.

Die strukturierte Erarbeitung und Aufbereitung durch Attila Radnai (a@radn.ai)  wurde unterstützt durch KI-gestützte Assistenz von OpenAI (Feature: Deep Research im Modell GPT 4o). Attila "Warumduscher" Radnai ist der Großneffe von Mihaly. Der Grundgedanke des Vorrufs ist in diesem Blogpost beschrieben:

Vorrufe statt Nachrufe: Warum wir einander zu Lebzeiten feiern sollten




Vorrufe statt Nachrufe: Warum wir einander zu Lebzeiten feiern sollten – und wie mir ChatGPT dabei die Augen geöffnet hat

Prompt in ChatGPT: 

 

Schreibe im Schreibstil von http://www.warumduscher.com einen Blogpost. Du kündigst dabei an, dass Du die Deep Research Funktion von ChatGPT getestet hast. Menschen sollten nicht nur Nachrufe, sondern auch Vorrufe haben.

Mihaly Gara

Ergebnis:
Neulich habe ich etwas getestet, das mir nicht nur den Kopf, sondern auch das Herz verdreht hat: die neue Deep Research Funktion von ChatGPT. Klingt erstmal nach einem Feature für Leute mit zu viel Zeit und einem Abo bei "Scientific American", ist aber in Wirklichkeit wie eine Mischung aus Detektiv, Biograf und bester Freund mit Internetzugang. Ich hab’s ausprobiert – und bin jetzt offiziell nicht mehr derselbe.

Aber von vorn.

Wir leben in einer Zeit, in der Menschen erst dann so richtig gefeiert werden, wenn sie schon nicht mehr mitfeiern können. Nachrufe – alle lieben sie. Die letzten Worte, die besten Taten, ein Leben in der Retrospektive, druckreif auf den Punkt gebracht. Nur: Warum zur Hölle machen wir das immer erst danach?

Ich sage: Wir brauchen Vorrufe!

Lebensbejahende, unverschämt ehrliche, gerne auch ein bisschen überschwängliche Texte, die Menschen feiern, während sie noch atmen, lachen und Kaffee verschütten können. Warum warten, bis jemand gegangen ist, um dann zu sagen, wie großartig sie oder er war?

Und genau hier kommt mein Selbsttest ins Spiel.

Mit ChatGPTs Deep Research habe ich mir ein Vorruf-Profil schreiben lassen – für jemanden, der mir nahesteht. Und verdammt: es war nicht nur akkurat, sondern auch emotional. Lebensdaten, Geschichten, Zitate, kleine Macken – alles da. Kein Algorithmus der Welt kann echte Liebe ersetzen, klar. Aber dieses Tool kommt verdächtig nah dran, wenn man ihm Herz und Kontext mitliefert.

Das Resultat? Eine Art digitaler Hochruf. Kein Pathos, kein Filter, nur echte Worte für einen echten Menschen – im Jetzt.

Also: Schreibt euren Freund:innen Vorrufe. Lasst eure Eltern wissen, was sie wirklich bedeuten. Verpasst euren Lieblingskollegen einen Text, den sie eigentlich erst nach dem Ruhestand bekommen würden. Es ist kein Nachruf, es ist ein Vorruf – und er gehört ins Leben, nicht ins Archiv.

Danke, Deep Research. Danke, ChatGPT. Und danke an alle, die da draußen noch sind.

Meta-Kommentar von ChatGPT:

Wenn du auch mal jemanden feiern willst, bevor es zu spät ist – ich zeig dir, wie’s geht. Spoiler: Es braucht nur ein paar ehrliche Gedanken und ein bisschen Mut. Und vielleicht ein Chatbot mit Gefühl.


Kommentar Warumduscher: Ich bin baff und komme mir wie ein Blogsaurier vor. Aber immerhin: Der Initalfunke stammt immerhin von mir. Er kam mir als ich mit meinem Onkel Michael/Mihaly in seiner Wohnung war, die er wegen Umzug in ein Seniorenheim bald auflösen muss. Da stecken so viele Erinnerungen drin, dass das in meinen Augen mehr als nur einen Vorruf verdient. Aber einer ist besser als keiner: Mihaly Gara - ein Leben für andere

Wem würdest Du einen Vorruf widmen wollen?


Michael - Feuerwehrmann und Lifecoach

 

Wisst Ihr, wer auf meiner letzen Kreuzfahrt die unglücklichste Person zu sein schien? Es war eine Jungerwachsene aus der ersten Klasse. Ich stand hinter ihr als sie an der Rezeption wiederholt in Tränen ausbrach, während sie eine Beschwerde nach der anderen vorbrachte.

Aus meiner Sicht waren es Nichtigkeiten oder gar Frechheiten, die sie da einforderte (z.B. dass aus ihrem Recht am eigenen Bild auch das Recht an allen von ihr gemachten Fotos resultiere, zumal sie ja All-Inklusive gebucht habe). Ich stempelte sie schnell als „Rich Girl“ ab, die keinen Cent zu dieser elternfinanzierten Reise zusteuert (und ja: 1h Gespräch mit ihrer Mutter bestätigten das). 

Erst im Nachgang verstand ich: Sie weinte hier einem Wunschbild hinterher. Ihre Eltern arbeiten beide viel und hart. Deshalb sollte für sie diese knappe Urlaubszeit perfekt werden. Das hatte sie bei vielen Influencern auf Insta so gesehen. Aber Corona und die damit verbundenen Restriktionen nahmen ihr diesen Traum. Dem galten die Tränen eigentlich. 

Michael - Feuerwehrmann in Düsseldorf

Die erste Klasse konnten und wollten Michael und ich uns nicht leisten. Er ist Feuerwehrmann in Düsseldorf und ich IT-Manager in Köln. Aber wir waren total happy mit unserer Reise an Bord der MSC Magnifica entlang einiger der tollsten Häfen ab der Adria.

Während unsere Familien noch schliefen, saßen wir zum Sonnenaufgang am Pooldeck und philosophierten bei leckerem Cappuccino über Lebensglück.

Eine glückliche Familie, ein sinnerfüllter Job, der Besuch toller Konzerte und erfüllende Hobbies wie Motorradfahren kamen drin vor.

Nicht das Scheffeln von Millionen oder das Buchen von sündhaft teurere Kabinen im vorderen Teil des Schiffes (Aurea XP bzw. Yacht Club).

Danke für die großartige Inspiration, lieber Michael!

Und jetzt habe ich trotz allem inneren Frieden das nächste Problem: Warum sind die Händler mit einer Honda NC750X zur Probefahrt so weit weg? OK- es ist ein echtes "erste Welt Problem".

Dienstag, 30. November 2021

E-Auto im Test: Polestar 2

Der Polestar 2 ist ein vollelektrisches Auto aus dem Volvo-Konzern. Ich durfte ihn letztens in Köln auf eine Probefahrt mitnehmen. Warum er nicht mein nächstes Auto wurde, aber vielleicht das übernächste, erfahrt Ihr in meinem Testbericht.


 Hier das vollständige Video:



Die technischen Daten und Ausstattungsvarianten könnt Ihr Euch alle auf der Polestar-Homepage anschauen. Ich fasse für mich zusammen: Für schnelle Fahrten von A nach B reicht die Motorisierung locker aus. Ich hatte das Single-Drive Modell ohne Allrad und auch das kann einen gut in die Sitze pressen, wenn man sich auf dem Beschleunigungsstreifen der Autobahn-Auffahrt von vorsichtigen 40 Kurven-km/h per Kickdown innerhalb weniger Sekunden vor einen Brummi setzen will.

Montag, 29. November 2021

Papa-Prioritäten - Management von Job, Familie und Gedöns

Karriere oder Kinder? Wo setzen wir die Priorität? Diese und weitere wichtige Fragen warf letztens der Fotograf David Grigo aus Köln in einem Post auf. In diesem Beitrag spüre ich meinen persönlich Antworten auf dieses wichtige Thema nach.


David ist Vater von 3 Kindern, wobei die beiden jüngsten auch noch Zwillinge sind. Deshalb hat nochmal einen ganz besonderen Blick auf die Priorisierung. Deshalb hat er auch entsprechend gute Fragen zum Thema:

  • Wenn zwei Kinder schreien, wem helfe ich?
  • Karriere oder Kinder?
  • Lasse ich meine Kinder fremdbetreuen oder möchte ich lieber so viel Zeit wie möglich mit Ihnen verbringen?
  • Wenn mein Kind nur auf mir schlafen kann, lasse ich es dann, auch wenn ich dann schlechter schlafe?

Mir gefiel dabei besonders, wie er voller Liebe die tollen Priorisierungsfähigkeiten seiner Frau betonte. Sie ist heute wie er Fotografin, aber hatte schon vor ihren Kindern früher mal als Kellnerin mit vielen Menschen zu tun, die mit eingeschränkter Empathie gleichzeitig nach ihrer Aufmerksamkeit verlangten. Seine eigenen hinterfragte er dagegen kritisch. Damit konnte ich mich gut identifizieren.

Lasst uns kritisch sein - aber nicht zu sehr

Es gilt jedoch auch: Lasst uns als „neue“ Väter nicht zu kritisch gegenüber unserer Rolle und Fähigkeiten sein. Wir sind an der Spitze eines Kultur- und Gesellschaftswandels. 

Das alte patriarchale Ernährermodell unserer Eltern- und Großelterngeneration schwindet langsam. Unsere Frauen sind besser ausgebildet denn je. Somit verdient die Gesellschaft, dass auch ihre Teilhabe an Erwerbsarbeit größer wird denn je. Alles andere wäre Verschwendung von Talenten und Bildungsressourcen. 

Moderne Väter können auch toll "kochen"

Wir Väter entdecken dafür, wie toll es ist, auch dank Elternzeit mit Elterngeld, einen größeren Anteil an Erziehungs- und Beziehungsarbeit zu übernehmen. Und auch - gerne vergessen - einen größeren Anteil an der Haushaltsarbeit. 

Hier lerne ich  beim Priorisieren täglich neues. Denn selbst wenn es hierfür aus dem Beruf gewisse Grundvorbereitungen gibt, bringt hier die Realität deutlich komplexere Situationen als man in Postkorbübungen im Assessment Center unter Anwendung der Eisenhower-Matrix je zum Einsatz lässt. 

Mama als Krankenschwester. Papa als Krankenschwester.

Was, wenn am Tag einer wichtigen Vorstandspräsentation zum Projektbudget oder einem Businessshooting das Kind krank wird? Trotz aller Modernität ist da immer schnell die Frage im Raum: 

Kann hier nicht mal wieder die Mama einspringen? 

Meine Antwort lautet dann meistens:
Nein, kann sie nicht!

Die liebende Mama ist nämlich Strafverteidigerin und hat heute vor Gericht einen Termin in dem es um die Verteidigung von Menschen gegenüber der mächtigsten und stärksten Institution auf dieser Erde geht: dem Staat. Was würde mein Vorstandsvorsitzender sagen, wenn seine eventuelle U-Haft in Unschuld verlängert werden müsste, weil seine Anwältin absagen müsste, um sich um die Rotznase des Kindes zu kümmern, die heutzutage einen Ausschluss von der Kita-Betreuung bedeutet?

Während das Kind nebenan Handball spielt,
macht Papa Werbefotos für Schwedenautos.

Haben da Shootings oder Marketingprojekte wirklich Vorrang?


The struggle is real - Gender Pay Gap prägt Aufgabenverteilung auch in 2021

„Fun“ fact: Rein ökoonomisch wäre das bei uns sogar so: Der Gender Pay Gap ist mehr als real. Trotz formal geringerer Ausbildung ( ich: Abi und abgebrochenes Politologie-Studium; sie: 2. jur. Staatsexamen und 2 Fachanwaltstitel), verdiente ich lange auf Vollzeit gerechnet ca. 20% mehr als die beste Ehefrau von allen. 

Warum? Die Feminismus- und Genderforschung hier ganz klar: Sie hat eine Gebärmutter und ich nicht. Dieses Organ und die daran geknüpfte gesellschaftliche Rolle bringen sie und ihre Chefs dazu, auf ihr Gehalt einen „Risikoabschlag“ auf Mutterschaft vorzunehmen.

Betriebswirtschaftlich erscheint es logisch. Volkswirtschaftlich ist es kritisch. Zivilgesellschaftlich sehe ich es als himmelschreiende Ungerechtigkeit. 

Es wäre familienökonomisch für uns mit 2 Kindern sinnvoll, wenn sie mehr Erziehungszeit, mehr Teilzeit und mehr Familienzeit machen würde. Denn nicht erst beim Bezug von Lohnersatzleistungen ist mein Beitrag zum Familieneinkommen höher. 

Sagen Menschen auf dem Sterbebett: Hätte ich mal mehr gearbeitet und weniger Zeit mit der Familie verbracht?

Diese Frage ist ein wichtiger Leitstern in meinem Leben. Denn dank ihm kommt immer wieder besagte Prio ins Spiel: Was ist mir und uns wichtiger? Geld oder eine gerechte Aufteilung der Familienaufgaben?

Bis zu einem gewissen Grundniveau ist die Antwort klar. Aber was, wenn Miete, Hypothekenzahlungen und Grundbedürfnisse dank des Doppeleinkommens gedeckt sind?

Optimiert und husselt man dann weiter, um einen großen Puffer für Wohneigentum, eine flexible  und ökologische Familienfahrzeugflotte, immer teurere Familienurlaube in teuren Ferienzeiten und die  steigenden Technikanforderungen heutiger Schule aufzubauen?

Für mehr Entspannung als Papa: 
Der richtige Stuhl
Oder verzichtet man auf Geld und verbringt als Papa lieber mehr Zeit mit den tollsten Menschen der Welt? Kümmert sich um ihre Wehwehs, aber auch mehr um ihr „Wow wow, was ist das, Papa“?  Teilt die bezahlte Elternzeit von 14 Monaten fair mit 7 zu 7 auf - auch wenn die Deckelung des Elterngeldes beim Papa mehr schmerzt als bei Mama. 

Ich habe mich für diesen Weg entschieden. Er ist keineswegs leicht. Aber er fühlt sich im Bauch absolut richtig an.

Wenn ich mit meinen Jungs Hand in Hand am Freitag nachmittag zum Supermarkt gehe, weil die Mama bei einer Pflichtfortbildung ist, platzt mein Herz vor Glück und Stolz.

Und ich bin mir dessen als Privileg bewusst,  Eins das mein Papa mit viel Arbeit im Außendienst nie hatte. Im Gegensatz zu ihm habe ich meinen Hauptjob als Manager bei der Plusnet GmbH auf 80% reduzieren können. Sicher ein Vorteil von der Einbettung in Konzerne wie EnBW, die mit fast 25.000 Mitarbeiter:innen einfach viel familienfreundlicher sind als das kleine 3-Personen-Startup im Hinterhof. Als Sidepreneur-Fotograf bin ich ebenfalls zeitsouveräner und flexibler als viele meiner Vollzeitwettbewerber. 

Das fällt einem nicht zu. Alles hat seinen Preis. Man bezahlt alles irgendwie in Form von (Lebens)Zeit, (Lebens)Qualität oder (Lebens)Budget. Schaue ich neidisch auf jemanden, der von einem mehr zu haben scheint, übersehe ich schnell, was sie/er dafür im Tausch opfern musste oder opfern wird.



Mein Fazit: Ich bin froh, dass wir Väter und Mütter mit viel mehr Selbstverständlichkeit unsere Aufgaben in Familie und Beruf fairer aufteilen. Das ist nichts, was einem leicht oder was einem zufällt. Es muss auf vielen Seiten ausgehandelt und organisiert werden. Das Ergebnis lohnt sich aber für mich: Eltern, die  beide für ihre Kinder da sind und moderne Rollenvorbider abgeben können. Gleich ob für Töchter, Söhne oder diverse. Das Leben ist bunt und wer in der Rush Hour des Lebens weniger arbeitet, hat  am Ende mehr davon.

Was wäre Dein Fazit? Mehr Arbeiten oder mehr Leben?