Dienstag, 15. Juli 2025

Du bist, was Du isst. Und was Du trainierst.

Bio-KI 

Neulich auf dem Wochenmarkt in Wesseling. Zwischen Käsewürfeln und Kirschtomaten bleibe ich an einem Stand stehen, der aussieht wie ein Regenbogen aus Obst und Gemüse. Dahinter Gerd Hass, drahtig, wettergegerbt, Augen, die jede Paprika persönlich zu kennen scheinen. Neben ihm Carmen Odenthal, die so souverän die Kasse bedient, als handle sie nicht mit Zucchini, sondern mit Edelsteinen.


Ich habe eine Melone getragen

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Gerd erzählt mir, dass er jede Woche rund 800 Kilometer durchs Rheinland kurvt – Neuss, Kaarst, Düsseldorf, Jülich. Alles für ein Ziel: die beste Ware nach Erftstadt, Wesseling oder Köln zu bringen.

„Die Melone da vorne“, sagt er, „kommt übrigens von deutschen Bauern, die nach Valencia ausgewandert sind. Schmeckt besser als alles aus’m Supermarkt.“

Ich beiße rein. Ergebnis: Explosion. Sonne, Süße, Saft. So schmeckt Leben.

Zwischen Melonen und Maschinen: Qualität entscheidet

Ich stehe also mit Melonensaft am Kinn und denke:

Bio-Obst und KI-Trainingsdaten – das gleiche Spiel.

Mein Alltag dreht sich beruflich und privat viel um Künstliche Intelligenz, Netzwerke und politische (unternehmensinterne) Kommunikation. Und dabei fällt mir immer wieder auf: Auch bei digitalen Systemen entscheidet die Qualität der Zutaten, was am Ende herauskommt.



So wie Gerd keine wässrige Massenware verkauft, sondern gezielt das Beste sucht, müssen auch große KI-Sprachmodelle (Large Language Models, kurz LLMs) gefüttert werden: mit hochwertigen, vielfältigen, gut kuratierten Daten.

Schlechte Daten rein = schlechte Antworten raus. Das klingt banal. Aber genau hier beginnt mein Feld als Experte: Ich berate zunehmend Unternehmen und politische Entscheidungsträger dabei, wie man diese Daten auswählt, bewertet – und vor allem, wo ihre Grenzen liegen.


Halluzinationen: Der KI-Dom mit Glasdach

Ein Punkt, der in der öffentlichen Diskussion oft unterschätzt wird, sind sogenannte Halluzinationen.

ChatGPTs Halluzination

In der KI bedeutet das: Ein Modell erfindet Dinge, die schlicht nicht existieren. Zum Beispiel erzählt ein Chatbot plötzlich, der Kölner Dom habe eine Glasdach-Kuppel. Hat er nicht. Noch nicht einmal ansatzweise.

Solche Halluzinationen entstehen oft, weil das Modell Lücken im Wissen hat – oder weil es versucht, aus bruchstückhaften Informationen eine plausible Geschichte zu bauen. Für Laien klingt das nur kurios. Doch für Politik, Wissenschaft und gesellschaftliche Kommunikation ist es brandgefährlich.




Politik und die Halluzination der einfachen Lösungen

Denn Halluzinationen gibt es nicht nur bei Maschinen. Sondern auch bei Menschen – insbesondere in der Politik.

Populistische Bewegungen arbeiten genau damit: einfache Antworten auf komplexe Probleme. Klimawandel? Angeblich eine Erfindung der Chinesen. Wohnungsnot? Gibt es laut manchem Politiker gar nicht – die Menschen sollten halt aufs Land ziehen. Oder aus anderen Ländern gar nicht erst zu uns kommen.

Das sind keine zufälligen Irrtümer. Das sind bewusst platzierte Halluzinationen. Und sie funktionieren, weil Menschen lieber eine einfache Lüge glauben als eine komplizierte Wahrheit.

In meinem beruflichen und bürgerschaftlichen Alltag – sowohl als IT-Experte als auch in der politischen Kommunikation – sehe ich genau hier die größte Gefahr: Wenn sich in der öffentlichen Debatte falsche Narrative durchsetzen, die auf nichts als heißer Luft beruhen. Dann wird es unmöglich, echte Lösungen zu entwickeln.


Daten sind wie Bio-Lebensmittel

Deshalb erzähle ich Leuten oft: Daten sind wie Lebensmittel.

  • Frisch, vielfältig, saisonal – so wünscht man sich einen Wochenmarkt. So sollten auch die Daten sein, die wir in unsere Systeme einspeisen.
  • Massenware, billig produziert, voller Schadstoffe – so sieht leider vieles im Datenbusiness aus. Clickbait-Artikel, automatisch generierte Inhalte, Social-Media-Müll.

Wer seine KI damit füttert, darf sich nicht wundern, wenn sie Unsinn ausspuckt.

Gerd Hass fährt jede Woche 800 Kilometer in einem Radius von 100 Kilometern um Bergheim, um die beste Ware zu holen. Weil er weiß, dass Qualität zählt. Genau so müssen wir mit Daten umgehen – ob in der Verwaltung, in der Wirtschaft oder in der politischen Kommunikation.



Bio-Lebensmittel: Gut für Körper und Gesellschaft

Neben meinem Tech-Thema bin ich auch ein Mensch, der gerne isst. Und die Forschung zeigt: Bio-Lebensmittel wirken sich nicht nur körperlich positiv aus. Menschen, die bewusster einkaufen, berichten von mehr Zufriedenheit, weniger Stress, einem stärkeren Gemeinschaftsgefühl.

Auch das gilt für Daten: Transparenz, Herkunft und Vielfalt sind entscheidend, damit Bürgerinnen und Bürger Technologien wie KI überhaupt vertrauen.


Köln: Zwischen Halluzination und Realität


In Köln geht es aktuell vor der Kommunalwahl am 14. September 2025 um große Fragen: Verkehr, Wohnen, Klimaschutz, Digitalisierung.

Einst modernes Vorzeigeprojekt gegen Wohnungsnot:
Meschenich. (Foto: Attila Radnai)


Und mitten in diesen Diskussionen tauchen immer wieder Behauptungen auf, die mit der Realität wenig zu tun haben.

„Es gibt gar keine Wohnungsnot.“ – Faktisch falsch. Köln deckt derzeit nur knapp 46 Prozent des Wohnungsbedarfs.

„Die Leute wollen das Auto nicht aufgeben.“ – Studien zeigen: Der Radverkehr liegt in Köln inzwischen gleichauf mit dem Auto.

„Klimawandel ist übertrieben.“ – Über 97 Prozent der Klima-Expert*innen sagen das Gegenteil.

Das Problem: Solche Halluzinationen verhindern Lösungen.


Politik braucht gute Daten – wie Gerd gute Melonen


Deshalb sage ich auch politisch: Wir müssen in Köln – und überall – aufhören, billige Halluzinationen zu produzieren:

  • Wir müssen auf echte Daten setzen.
  • Mit klugen Open Data Projekten bürgerschaftliche Datenprojekte füttern.
  • In unseren Schulen digitale Führungspersönlichkeiten fördern, die Gemeinschaften bilden und unsere Stadtgesellschaft klug und mutig in das KI-Zeitalter führen.
  • Die Geschichten der Menschen aufzeigen, die sie betreffen.

Gerd Hass steht für mich genau dafür: Liebe zum Produkt, Präzision, Vertrauen, Wissen um Zusammenhänge. Das brauchen wir auch für unsere digitale Zukunft.

Denn egal ob Mensch oder Maschine:

Du bist, was du isst. Und was du trainierst.


Vielfältige Stadt Köln - Wohnen, Handel und Kultur vereint - und darunter alles Daten



Quellen

KSTA-Artikel über den Wochenmarkt Wesseling; LinkedIn-Profil Gerd Hass; diverse Studien zu KI, Halluzinationen, Bio-Lebensmittel und gesellschaftlicher Gesundheit (2020–2025).



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