Montag, 21. April 2025

Leben im Geben 1: Mihály Gara – Ein Leben für andere

Eine persönliche Würdigung und Nachruf - mit Bildern, Stationen & Erinnerungen. Magyar forditás / Ungarische Version: Gara Mihály – Egy élet másokért


Am 31.05.2025, dem Tag nach Himmelfahrt, trat Mihaly Gara seine persönliche Himmelfahrt an.
Wir sind in tiefer Trauer. 

Trauergottesdienst der ungarischen Gemeinde:


Gedenkfeier für Wegbegleiter in Essen-Margarethenhöhe:

29.06.2025, 16 Uhr, Gaststätte zum TUSEM, Fibelweg 7, Essen

Kondolenzen:
Schriftliche Kondolenz an die Familie kann adressiert werden an:
Lászlo Gara, c/o Attila Radnai, Rodderweg 14b, 50999 Köln
Passend zur Technikbegeisterung von Mihaly gibt es auch ein Digitales Kondolenzbuch 

Spenden:
Beteiligung an einer Großspende für einen mildtätigen Zweck im Sinne von Mihaly Gara (Zoo-Tickets für Kinder im Kinderheim) sowie Unterstützungen der ungarischen Familie bei den Bestattungskosten werden auf der Gedenkfeier gesammelt oder können per Paypal an Attila Radnai übermittelt werden (Verwendungzweck: Spendenpool Mihaly Gara). Die Aufteilung erfolgt 1:1.

Kontakt zur Familie: familie-gara@radnai.net 

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Was Ende April 2025 als "Vorruf" entstand, den Mihaly Gara noch persönlich redigiert hat, wurde wenige Wochen später zum Nachruf. Sein Wohnort, der Stiller Weg in Essen ist nun ein wenig stiller geworden.

Kurz-Zusammenfassung

Mihály (Michael) Matyas Gara, geboren 1945 in Budapest, gestorben am 31.05.2025 in Essen, kam 1974 als Spätaussiedler nach Deutschland. In Essen engagierte er sich über Jahrzehnte ehrenamtlich bei den Maltesern und als Vorsitzender der Bürgerschaft Margarethenhöhe. Für sein Wirken wurde er mit der Verdienstmedaille der Bundesrepublik, der Ehrenplakette der Stadt Essen und weiteren Auszeichnungen geehrt. Dieses Dossier würdigt seinen Einsatz, seine Geschichte  und das, was bleibt: ein Vorbild für Generationen.

Herkunft und Ankunft in Deutschland

Mihály Gara wurde kurz nach dem Zweiten Weltkrieg in Budapest geboren - als Sohn von István Dr. Gara und Arzénka Berkes. Die politische Lage in Ungarn nach dem Volksaufstand von 1956 war für viele untragbar geworden. Doch erst 1975 fiel die endgültige Entscheidung zur Flucht: Gemeinsam mit seiner Ehefrau Therese verließ er seine Heimat und kam bei Thereses Oma in Deutschland an.

Das Ehepaar wurde der Stadt Essen zugewiesen, wo sie zunächst in der Hohendahlstraße 29 lebten. Am 15. Januar 1976 stellte Therese Gara einen Antrag auf einen Vertriebenenausweis - Mihály folgte als Ehemann einer volksdeutschen Frau. Am 18. August 1976 erhielt Mihály Gara schließlich die deutsche Staatsangehörigkeit. Ihr Zuhause fanden Sie jedoch im Stillen Weg in der Gartensiedlung Esse-Margarethenhöhe.

Mit seinem Großneffen Attila "Warumduscher" Radnai

Ehrenamt bei den Maltesern

In Essen schloss sich Mihály Gara bald dem Malteser Hilfsdienst an. Was mit Erste-Hilfe-Einsätzen begann, wurde zur Lebensaufgabe: Hilfe für andere. Er betreute Senioren, unterstützte bei Krankentransporten, organisierte Hilfsdienste und half, wo Not war. Mehr als 40 Jahre war er Malteser mit Leib und Seele - und wurde dafür mit dem Malteser-Ehrenzeichen in Gold ausgezeichnet. Einsätze zum Transport von Hilfsmitteln wie nach den tragischen Erdbeben in der Türkei bereitete er in Rekordzeiten und führte sie dann auch persönlich durch (leider ist das nächste auch nur eine Frage der Zeit und Plattentektonik). Es galt so schnell wie möglich dringend benötigte Güter für über 1.000.000 Betroffene zu organisieren (z.B. 1999 nach dem Beben in Gölcük/Izmit).




Ehrenamt beim Ritterorden des Hl. Ladislaus

Mihály Gara war nicht nur ein langjähriges, sondern auch ein besonders verdienstvolles Mitglied des Sankt-Ladislaus-Ritterordens, dessen Leitgedanke es ist, auf der Grundlage christlicher Werte bedürftigen Menschen unabhängig von politischer Zugehörigkeit oder Herkunft zu helfen.

Der Orden versteht sich als spirituell und karitativ motivierte Gemeinschaft, die in der Nachfolge des heiligen Königs Ladislaus von Ungarn das Ideal eines dienenden Rittertums bewahrt: durch konkrete Hilfe, Förderung des ungarischen kulturellen Erbes sowie Stärkung von Zusammenhalt und Identität – insbesondere auch in der Diaspora.

Mihály Gara verkörperte dieses Ideal in außergewöhnlicher Weise. Sein Engagement galt nicht dem äußeren Glanz, sondern dem stillen Dienst an Mitmenschen, der in seiner Aufrichtigkeit und Wärme weit über Konfessionen und Grenzen hinauswirkte.

Mit seiner heiteren, bescheidenen und zugleich tief überzeugten Art war er vielen ein Vorbild – sowohl im privaten Leben als auch im Wirken des Ordens. Seine Stimme, sein Rat und seine mitfühlende Gegenwart werden im Kreise der Ritterschaft wie auch in den Herzen all jener, die ihn kannten, eine große Lücke hinterlassen.

In Anerkennung seiner Verdienste hat der Orden, seiner besonders würdevollen Tradition folgend, einen eigenen Nachruf veröffentlicht:

https://www.szentlaszlorend.hu/2025/06/01/1981/

Er wird selbstverständlich auch einen Beitrag bei den anstehenden Abschiedsfeiern leisten – im Geiste der Gemeinschaft, die er mitgeprägt hat. Sein Leben war ein Zeugnis tätiger Nächstenliebe und innerer Würde – ganz im Sinne der Mission, der er bis zuletzt mit Treue und Überzeugung diente.






Bürgerschaft Margarethenhöhe

Ein weiteres Ehrenamt fand er auf der Margarethenhöhe: Dort engagierte er sich im Bürgerverein, war ab den 1990er-Jahren im Vorstand aktiv - und wurde schließlich zum 1. Vorsitzenden gewählt. Unter seiner Leitung wuchs die Bürgerschaft zu einem kulturellen Herzstück des Stadtteils. Er war Initiator des Martinszugs, des Weihnachtsmarkts, des Heimatarchivs am Brückenkopf - und des Kruppschen Eisenbaums.

Bürgerbus Essen 

Ein besonderes Herzensanliegen war ihm die Einrichtung des Bürgerbusses Essen. Er selber wurde sehr schnell von Heinz Zilles von der Notwendgkeit überzeugt und übernahm auch aktiv viele Touren. Ich erinnere mich an viele Telefonate, in denen ein: “Bevor ich zusagen, muss ich erstmal schauen, ob ich da nicht Bus fahre” vorkam. Was ist der Bus?

Der Bürgerbus Essen-Haarzopf/Margarethenhöhe/Rüttenscheid (HMR) ist ein ehrenamtlich organisierter Linienbus im Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV), der die Stadtteile Haarzopf, Margarethenhöhe und Rüttenscheid miteinander verbindet. Er wurde als Reaktion auf die Einstellung der Buslinie D 97 ins Leben gerufen, die während der Sanierung der Wienenbuschbrücke zum Alfried-Krupp-Krankenhaus fuhr und bei den Bürgern sehr beliebt war. Nach der Fertigstellung der Brücke wurde die Linie aus wirtschaftlichen Gründen eingestellt, was zu Protesten in der Bevölkerung führte. ​

Im Herbst 2003 wurde daraufhin der Bürgerbus-Verein Essen-Haarzopf/Margarethenhöhe/Rüttenscheid e.V. gegründet, um eine alternative Verbindung zu schaffen. Der Fahrbetrieb begann am 15. August 2005. ​

Der Bürgerbus verkehrt täglich im Stundentakt auf einer festen Route von Haarzopf über die Margarethenhöhe zum Alfried-Krupp-Krankenhaus. 

Genau dahin, wo auch Mihaly am Ende 3x pro Woche zur Dialyse musste und wo er jeweils nach seinen 3 Schlaganfällen behandelt wurd und auch am Ende starb. Krupp, Essen und Mihaly sind untrennbar und für immer zusammengeschweißt.

Gerade ab dem Zeitpunkt, wo Mihaly selber auf Mobilitätsangebote anderer angewiesen war, wusste er das Engagement der Essener noch mehr zu schätzen und war umso mehr mit Stolz auf sie erfüllt. Und wir fühlen das gleiche in Bezug auf ihn.




Luftbild von Esse-Margarethenhöhe

Familie, Humor und Generationen

Mihály war nicht nur ein Ehrenamtler, sondern auch ein Familienmensch. Besonders eng war sein Verhältnis zu seinem Bruder. Auch mit seiner Ehefrau Therese - die aus Budapest stammte - verband ihn eine tiefe Liebe.

Nach ihrem Tod blieb er verwitwet - aber nicht allein. Zuletzt lebte Mihály Gara im Seniorenzentrum "Haus Kettwig" in Essen-Kettwig. Das tolle Team aus Pfleger:innen, Therapeuten, Köch:innen und allen anderen kümmert sich da toll um die verdienten Menschen in ihrem Lebensherbst.

Besonders gerne verbrachte er Zeit mit (Falk) Michael (ung. Mihaly) Radnai, dem Sohn seines Großneffen Attila Radnai - beide teilen nicht nur einen Namen, sondern auch das verschmitzte Lächeln.

Er ist mittlerweile geschieden/verwitet und lebte alleine. Das Ehepaar blieb biologisch kinderlos, aber Michael war dafür ein toller Sohn, Bruder, Onkel, Großonkel…. 

15 flotte Sätze über Mihály Gara

- Mihály Gara, 1945 in Ungarn geboren, kam mit Mut und Hoffnung nach Deutschland.

- Er hilft lieber, als nur zuzusehen.

- Bei den Maltesern fand er seine Berufung.

- Auf der Margarethenhöhe wurde er zum Kümmerer.

- Er war ein Macher mit Herz.

- Der Kruppsche Eisenbaum? Seine Idee.

- Wo Menschen zusammenkamen, war er mittendrin.

- Nie Pflicht, immer Überzeugung.

- Er sammelte Orden - und noch mehr Dankbarkeit.

- Er sagte: 'Ich mach das nicht für Medaillen.'

- Ein stiller Held mit großem Herzen.

- Auch mit fast 80 noch aktiv - im Rollstuhl, aber aufrecht.

- Ein Leben im Dienst für andere.

Tabellarischer Lebenslauf

27.09.1945: Geburt in Budapest, Ungarn

30.12.1975: Ankunft in Deutschland (GDL Friedland)

18.08.1976: Deutscher Staatsbürger, Essen

ab 1970er: Ehrenamt bei den Maltesern

ab 1990er: Engagement Bürgerschaft Margarethenhöhe

ca. 20012017: Vorsitzender der Bürgerschaft

2007: Idee zum Kruppschen Eisenbaum

2013: Spende an Kindernotaufnahme 'Spatzennest'

2019: Verdienstmedaille der Bundesrepublik Deutschland

2020: Ehrenplakette der Stadt Essen

2025: Umzug ins Pflegeheim Essen-Kettwig

31.05.2025: Gestorben im Alfried-Krupp-Krankenhaus, Essen

Fotogalerie

Mit seinem Bruder Laszló vereint im Lachen.


Mit Michael Radnai  der Schalk ist geblieben.

Im Pflegeheim  mit Würde und Wärme.

Auszeichnungen und Ehrungen

Mihaly Gara wurde für sein langjähriges ehrenamtliches Engagement mehrfach ausgezeichnet. Die bedeutendste Ehrung war die Verleihung der Verdienstmedaille des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland  umgangssprachlich bekannt als Bundesverdienstkreuz. Diese Auszeichnung wurde ihm vom Bundespräsidenten überreicht und würdigt seine Verdienste als Brückenbauer zwischen Kulturen, als Helfer für Bedürftige und als unermüdlicher Förderer des gesellschaftlichen Zusammenhalts in Essen.

Neben dem Bundesverdienstkreuz erhielt er:
- die Ehrenplakette der Stadt Essen
- das Malteser-Ehrenzeichen in Gold
- mehrere Ehrenurkunden und Danksagungen der Bürgerschaft Margarethenhöhe

Er selbst sagte bescheiden: 'Ich habe das nicht für die Medaillen gemacht  sondern weil es mir Freude macht, für andere da zu sein.'

Nicht immer ein einfacher Charakter - aber immer ein Mann mit Charisma und Charakter!


Und nun auch ganz klar ein Vorbild, das uns fehlen wird:



Quellen & Danksagung

Dieses Dossier wurde zusammengestellt mit Bild- und Informationsmaterial aus dem persönlichen Umfeld von Mihály Gara.

Die strukturierte Erarbeitung und Aufbereitung durch Attila Radnai. Attila "Warumduscher" Radnai ist der Großneffe von Mihaly. Der Grundgedanke des Vorrufs ist in diesem Blogpost beschrieben:

Vorrufe statt Nachrufe: Warum wir einander zu Lebzeiten feiern sollten


Dies war Teil

Teil 1 meiner Reihe "Leben im Geben" über Menschen, die der Gemeinschaft sehr viel gegeben haben.


1 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Nagyon tetszett az èletrajzod. Köszönöm Attillának hogy segitsègedre van.A fiúknak,hogy kellemessè teszik öreg napjaid.🤗👍😘🍀♥️♥️♥️ puszi és ölelés! Krausz Nagy Marcsi ,unokahugod

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