Sonntag, 24. Mai 2015

Ich lachte über Buzzfeed und Heftig. Was aber dann geschah, ist unglaublich ... nervig.

Heute versuche ich mich an einer kritischen Betrachtung des Bodensatzes des Internetjournalismus:
Clickbaiter und Content-Parasiten.

Gestern setzte ich diesen Tweet ab:

Das war nur die Quintessenz eines längeren Leidensweges.

Dabei fing dieser doch so nett an. Im wundervollen Interview von Caspar "Leitmedium" Mierau mit
Dieses Bild soviel mit dem Thema zu tun wie
Buzzfeed mit Journalismus
Buzzfeed Germany Chefin Juliane Leopold hörte ich spannende Dinge. Diese Folge des Leitmotiv-Podcasts führt wunderbar durch die verschiedenen Stationen von Juliane Leopold als (Online)Journalistin. Es werden digitale Süßigkeiten, DDR Kindheit, Dark Social und Getting on diskutiert.

Anfangs fand ich die Inhalte von Buzzfeed ja auch immer wieder amüsant. Mit weiterer Verbreitung der Clickbait-Seiten, wurde ich jedoch immer genervter. Mir ging irgendwann auf, dass hier mit Buzzfeed, Diply, Heftig & Co. eine ganze Industrie rund um die Ausbeutung von Netzkulturschaffenden entstanden ist.

Leitmedium und seine über geborgenes Wachsen bloggende Frau warnen selber immer wieder vor nicht sofort offensichtichen Aspekten bei Dingen wie Babynahrung oder Kinderliteratur. Sowas ähnliches wünsche ich mir in Bezug auf Buzzfeed.  Ich nehme die Seite jetzt mal als das prominenteste Beispiel für eine Nische in der Medienlandschaft, in der sich auch Heftig.co, Diply und andere tummeln.



Wenn Buzzfeed digitale Süßigkeiten herstellt, dann werden die Hauptzutaten von anderen geklaut und die Content-Aggregatoren kippen einfach nur Unmengen digitalen Zuckers dazu.  Diese quietschsüße Masse wird dann mit mehr oder weniger korrekten Quellenangaben als eigenes Werk ausgegeben. Ausgegeben auf 4-6 nervigen Einzelseiten, um maximal viel Werbung bei minimaler Einzelleistung ausliefern zu können.

Klar - mitterlweile verstecken sie auf auf der eigenen Seite auch mal Beiträge, wo gut ausgebildete Journalistinnen wie Juliane Leopold ein wenig Feigenblatt-Content dazupacken - die Huffpost machte es vor. Aber 2 Bio-Erdnüsse pro Tonne machen aus einem Snickers-Riegel immer noch keinen fair gehandelten Ökosnack.

Mit entsprechender Zuspitzung hat es Blogger Maddox mit Blogpost "I hate Buzzfeed" und passendem Video wunderbar auf den Punkt gebracht:



Also bin ich nicht der einzige, von öffentlich-rechtlichen Qualitätsjournalismus verzogene Grantler, der mit diesen Typen ein Problem hat.

Auch Germany's Next Twitter Model Marie von den Benken zeigt in ihrer Techblog-Kolumne  die unheilvolle Verquickung aus guter journalistischer Ausbildung, genderpolitischer Haltung und webkommerziellen Wirkens auf, wenn sie einen netzfeministischen Tweet Juliane Leopolds vor dem Hintergrund ihres eigenen Mediums kontrastiert:


Einen kurzer Auszug aus den letzten 48 Stunden, der zeigt, wie ihre eigene Publikation mit harter Hand und investigativ recherchierten Fakten den Sexismus bekämpft, findet Ihr übrigens hier:

Etwas versöhnlicher wird das von Tobias Schwarz bei den Netzpiloten formuliert, der über eine Buzzfeed-Vorstellung im Hamburger Betahaus berichtet:

Ein interessanter Abend, der die Behauptung des Titels von Juliane Leopolds Präsentationen – “BuzzFeed: Journalismus für das Zeitalter von Social Media” – zwar so gut wie gar nicht behandelte oder belegte, aber ein modernes Internetunternehmen zeigte, dessen Erfolgsgeheimnis in der konsequenten Suche liegt, wie ein digitales Medium im Digitalen funktionieren sollte. Das hat mehr mit Publishing als Journalismus zu tun
Hier stapelt Buzzfeed den mit Werbung verdienten
Goldsand auf ihrer Deponie. Respekt!

Eine schön ausgewogene Formulierung. Da ich hier keinen gemeinsamen Werbenetzwerken nach dem Mund reden muss, ist meine Meinung doch etwas deutlicher:

Träte Buzzfeed beim Eurovision Media Contest an, bekäme es von mir auch nicht mehr Punkte als Deutschland und Österreich im Jahr 2015 zusammen. Ihr nervt!

Hier sollte jetzt eigentlich ein süffisanter, zum Nachdenken anregender Abschluss stehen. Da ich aber kein ausgebildeter Journalist bin, klappt das nicht.Daher kopiere ich den üblich plumpen Versuch, Interaktion und virale Verbreitung zu erzeugen.

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3 Kommentare:

Tobias Schwarz hat gesagt…

"Keinen gemeinsamen Werbenetzwerken nach dem Mund reden muss" klingt so, als ob sich BuzzFeed Germany und die Netzpiloten gemeinsame Werbepartner teilen würden und dies meine Meinung beeinflusst hätte. Dass das nicht der Fall ist, kann ich dir versichern.

Als Redaktionsleiter prüfe ich bei uns gebuchte Advertorials auf Inhalt und Sprache, ansonsten ist das eine Aufgabe des Vertriebs und keiner unabhängigen Redaktion, weshalb ich nicht wüsste, dass diese Vermutung auch nur im geringsten wahr sein könnte. Ich habe in meiner jetzigen Funktion an sich keinen Kontakt zu Kunden.

Meine Kritik an BuzzFeed fiel diesmal nicht so heftig aus, da mir nach dem Vortrag von Juliane Leopold richtig klar wurde, wie wenig BuzzFeed mit Journalismus zu tun hat. Das mag aufgrund der Erwerbsbiographien einiger Leute da überraschend und zugleich enttäuschend sein, es hat aber wirklich kaum noch etwas mit Journalismus zu tun.

Was nicht heißt, dass man im Journalismus nichts von den Fähigkeiten BuzzFeeds im digitalen Publishung abschauen oder lernen könnte, weshalb vor dem Hintergrund der Medienkrise sicherlich auch immer ein Vergleich zwischen BuzzFeed und Journalismus gezogen wird. Ein (kritischer) Blick lohnt sich, aber man sollte sie nicht für das verurteilen, was sie sind und richtig gut können und auch nicht für das, was sie nicht sind.

Warumduscher hat gesagt…

"klingt so, als ob sich BuzzFeed Germany und die Netzpiloten gemeinsame Werbepartner teilen würden und dies meine Meinung beeinflusst hätte."


Keine Sorge. Ich meinte damit nicht, dass das deine Meinung durch aktive Einflussnahme beeinflusst hätte. Da habe ich nichts dergleichen erkennen können. Mein Hinweis war eher strukturell auf die Medienökonomie gemünzt. Als werbefinanziertes und "professionelles" Medium seid Ihr an engere Grenzen bei der Medienkritik gebunden als ich privater Befindlichkeitsblogger. Deine Antwort hier ist vernünftig, klug und differenziert. Einen so hohen Anspruch verfolgte ich im Beitrag gar nicht.

Ich glaube Dir auch, wenn Du eine direkte Einflussnahme der Werbetreibenden auf die redaktionelle Arbeit verneinst. Meine eigene Arbeit im einem Verlag im Jahr 1999 hatte mir jedoch gezeigt, dass es über die Klammer des Verlegers sehr wohl Verbindungen zwischen Vertrieb und Redaktion gibt. Solange man nicht wie die Stiftung Warentest komplett andere Einnahmequellen erschließen kann, ist das auch kaum anders machbar. Der ehrenwerte Versuch von Golem.de, eine werbefreie Paid-Version zu verbreiten, hätte auch ein tolles Medium in den Ruin getrieben, wenn sie zu 100% darauf gesetzt hätten.

Natürlich habe auch ich sicher ein paar blinde Flecken. Die liegen bei mir z.B. im Bereich der Breitbandpolitik, da mein Brötchengeber hier einer der führenden Anbieter ist. Daher wird man bei mir kaum Kritik an Förderprogrammen für den Glasfaser-Ausbau finden, obgleich eine ausführliche Sozialanalyse einen zu der Auffassung bringen könnte, dass hier die tendenziell ärmere Stadtbevölkerung für die dicken Bandbreiten der wohlhabenderen Eigenheimbesitzer im Grünen durch staatliche Förderprogramme mitbezahlen solle. Quasi die Herdprämie für das Netz. Sooo genau WILL ich das aber gar nicht wissen ;-)

"Ein (kritischer) Blick lohnt sich, aber man sollte sie nicht für das verurteilen, was sie sind und richtig gut können und auch nicht für das, was sie nicht sind."

Kommt auf die Perspektive an. Wenn ich Buzzfeed in meiner beruflichen Rolle als Produktmanager analysiere, stimme ich Dir zu. Da sind sie genauso erfolgreich mit ihrem Produkt wie CocaCola oder Red Bull in ihrem Segment. Da verstehe ich, wenn Du quasi im Peer-Review etwas weniger heftig(.co)e Kritik angebracht hast. Du hast eben auch die Anerkennung für Erfolg in die Waagschale geworfen.

Wenn ich aber die Perspektive von Foodwatch auf die genannten Zuckerbrausen einnehme, dann kann ich sie sehr wohl verurteilen für das was sie sind und richtig gut können. Muss es sogar. Und genau danach war mir in meinem Meinungsartikel.


Mein Blogpost ist werteorientiert, wertend, einordnend, abwertend. Quasi eine plakative Ableitung von Ulrich Wickerts Aufruf: "Lassen Sie uns aber auch von der Macht sprechen, die dem Handwerk aus dieser Freiheit erwächst; und welche hohe Verantwortung Freiheit und Macht dem Journalisten aufbürden."
Siehe: https://youtu.be/MpfD-n1f8SA



Spidermans Onkel hatte etwas ähnliches formuliert. Beide haben recht.

Warumduscher hat gesagt…

Und noch ein passendes Ulrich Wickert Zitat:
"Je mehr Müll sie lesen, desto weniger Zeit haben Sie, andere Dinge aufzugreifen. Ich sage immer: Müll im Kopf ist auch Umweltverschmutzung".

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